Weitere Griffarten

Sobald die erste Griffart regelmäßig sauber gegriffen werden kann und die Haltung der linken Hand dabei locker und stabil bleibt, sollte man sich beim Geige lernen relativ zügig weiteren Griffmustern widmen. Bereits in der ersten Lage ist es mit einem Repertoire von fünf Griffarten möglich, Stücke und Lieder in den meisten Tonarten (etwa G-Dur, D-Dur, B-Dur oder a-Moll) zu spielen.

Die Bezeichnung „Griffarten“ stammt übrigens nicht aus der Musiktheorie, sondern aus der Violinpädagogik. Insofern ist er auch nur als Orientierungshilfe für die ersten Lernschritte zu sehen. Zudem wird die Nummerierung in Violinschulen und von Geigenlehrern unterschiedlich gehandhabt – einig sind sich die allermeisten Geigenlehrer nur bei der ersten Griffart.

Die Stabilität der Hand und des Daumens ist eine zentrale Herausforderung beim Erlernen neuer Griffarten – vor allem, wenn Spannungszustände bei neuen Griffen eine Rolle spielen. Der stabile Rahmen der linken Hand beim Greifen – dazu zählen die Supination der Hand, der Winkel im Handgelenk, die Position der Hand auf dem Griffbrett und die Position des Daumens – sollte sich bei den unterschiedlichen Griffarten möglichst nicht verändern. Kurz gesagt: Die Veränderung der Griffposition findet in erster Linie in den Fingergelenken, dabei vor allem in den Grundgelenken statt.

Einen didaktischen Ansatz, der gelegentlich verfolgt wird, halte ich beim Erlernen neuer Griffarten für fehlgeleitet: Es macht wenig Sinn, stunden- oder tagelang die erste Griffart und dann ebenso lange ausschließlich die zweite Griffart etc. zu üben. Denn dabei wird die Greifhand zu wenig für die Stabilität und die Veränderung der Stellungen in den Fingergrundgelenken sensibilisiert. Bessere Erfolge erziele ich mit meinen Schüler:innen regelmäßig, wenn gleich zu Beginn ein dynamischer Wechsel zwischen einer etablierten und einer neuen Griffart trainiert wird.

Mit folgenden vier Übungsschritten können die wichtigsten Griffmuster durch einem dynamischen Wechsel, bei dem jeweils die Stellung eines Fingers verändert wird, erabeitet werden:

1. Wechsel mit tiefem zweiten Finger (erste und zweite Griffart)

Bei dieser Übung wird der Wechsel zwischen hohem und tiefem zweiten Finger mit folgendem Griffschema geübt:

Hier wird der Wechsel zwischen erster und zweiter Griffart schematisch dargestellt

Die entsprechende Übung lässt sich folgendermaßen notieren:

Ein Notenbeispiel Wechsel zwischen erster und zweiter Griffart schematisch dargestellt

Beachte dabei folgende Punkte:

Anhören (a'=443 Hz):


2. Wechsel mit tiefem ersten Finger (zweite und dritte Griffart)

Ausgangspunkt ist die zweite Griffart. Geübt wird das Zurückstrecken des ersten Fingers:

Hier wird der Wechsel zwischen zweiter und dritter Griffart schematisch dargestellt

Bei dieser Übung sollte von vornherein ganz besonders darauf geachtet werden, dass die Hand und der Daumen ihren gewohnten Platz nicht verlassen und die Winkel und Stellungen in der Hand stabil bleiben.

▶ Tipp: Spannungszustände in der linken Hand beim Greifen machen sich durch einen hohen Daumendruck bemerkbar. Es ist sinnvoll, bei neuen Griffen für Dehnung und Kräftigung etwas mehr Zeit einzuplanen. Ziel ist es, die Hand (und den Daumen) nach mehreren Übeeinheiten sukzessive locker zu bekommen.

Beim Zurückstrecken des erste Fingers (in Richtung Schnecke) sollte die Bewegung in erster Linie im Grundgelenk des Zeigefingers stattfinden:

Ein Notenbeispiel Wechsel zwischen erster und zweiter Griffart schematisch dargestellt

Anhören (a'=443 Hz):


3. Wechsel mit tiefem vierten Finger (dritte und vierte Griffart)

Bei dieser Übung wird ein Wechsel mit dem tiefen vierten Finger geübt:

Hier wird der Wechsel mit dem tiefen vierten Finger schematisch dargestellt

Die entsprechende Notation:

Ein Notenbeispiel, das eine Übung für den Wechsel mit dem tiefen vierten Finger zeigt

Anhören (a'=443 Hz):


4. Wechsel mit dem hohen dritten Finger

Ausgangspostion für den dritten Finger ist wie bei Übung 1 die erste Griffart. Hier wird ein Wechsel mit dem hohen dritten Finger trainiert:

Hier wird der Wechsel mit dem hohen dritten Finger schematisch dargestellt

An dieser Stelle ist es wichtig, den vierten Finger ziemlich rund (gebeugt) aufzusetzen, damit der dritte Finger knapp dahinter Platz findet und der enge Tonabstand verwirklicht werden kann. Gegebenfalls muss hier die Hand stärker eingedreht werden (Supination):

Ein Notenbeispiel, das eine Übung für den Wechsel mit dem hohen dritten Finger zeigt

Anhören (a'=443 Hz):